Zahnimplantat

Zahnimplantat

Ein Zahnimplantat (lateinisch implantare, deutsch ‚einpflanzen‘) ist ein in den Kieferknochen eingesetztes „alloplastisches Konfektionsteil“ (Implantat). Das Teilgebiet der Zahnheilkunde, das sich mit der Insertion (Einsetzen) von Zahnimplantaten in den Kieferknochen befasst, wird als Implantologie (von griechisch λόγος lógos ‚ Wort‘, Lehre‘) bezeichnet. Durch ihre Verwendbarkeit als Träger von Zahnersatz übernehmen Zahnimplantate die Funktion künstlicher Zahnwurzeln. Hierzu werden sie entweder mittels Schraubgewinde in den Kieferknochen (enossale Implantate) eingedreht oder eingesteckt. Sie verbinden sich innerhalb von 3 bis 6 Monaten mit dem umgebenden Knochen zu einer festen, äußerst belastungsfähigen Trägereinheit (Osseointegration). Von der Implantatform hängt die chirurgische Insertionstechnik ab. Aus der Gestalt des Abutments, des aus dem Kieferknochen herausragenden Implantatteils, resultiert die Anfertigung der Suprakonstruktion, des auf den Implantaten einzugliedernden Zahnersatzes. Zahnimplantate bestehen seit den 1980er Jahren üblicherweise aus Titan, aber auch aus keramischen Materialien oder Kunststoff (PEEK).

Behandlungszeitpunkt

Man unterscheidet zwischen Sofortimplantaten direkt nach dem Zahnverlust, verzögerten Sofortimplantaten 2–8 Wochen nach Zahnverlust und Spätimplantaten nach vollständiger knöcherner Ausheilung des Zahnfachs. Sofortimplantate sollten nur eingesetzt werden, wenn direkt nach der Extraktion des Zahnes die Alveole entzündungsfrei ist. Verzögerte Sofortimplantationen und Spätimplantationen verringern das Risiko einer Infektion. Bei einwurzeligen Zähnen in Regionen mit dünnen vestibulären Knochenlamellen (beispielsweise im Frontzahngebiet) hat die Sofortimplantation oder verzögerte Sofortimplantation (innerhalb von 2 Wochen) jedoch den Vorteil, dass der Knochenverlust und damit das Risiko eines ästhetischen Misserfolgs minimiert wird. Sofortimplantationen kommen den Bedürfnissen des Patienten am nächsten, bergen aber auch ein größeres Misserfolgsrisiko.

Belastungszeitpunkt

Neben dem Operationszeitpunkt nach einer Zahnentfernung ist auch der Belastungszeitpunkt des Implantates von Bedeutung. Man unterscheidet die Sofortbelastung von der Spätbelastung. Die Sofortbelastung setzt Primärstabilität (hohe Festigkeit des Implantates schon bei der Operation) voraus und bedeutet die sofortige Versorgung des Implantates mit der belastenden Suprakonstruktion (Krone, Brücke, herausnehmbare Prothese). Demgegenüber ist für die Spätbelastung die Primärstabilität nicht entscheidend, weil der Knochen in der Einheilzeit (mehrere Wochen bis Monate) das Implantat immer fester umschließt. Je geringer die Primärstabilität des Implantats bei der Operation ist, desto mehr Zeit muss für die Bildung der ausreichenden Knochensubstanz eingeräumt werden. Über die (in Ncm Eindrehmoment) gemessene Primärstabilität gibt es erst seit 2006 Standards.

Sofortimplantate

Unter einem Sofortimplantat versteht man das Einsetzen eines Implantats unmittelbar im Anschluss an die Entfernung oder den Verlust eines eigenen Zahnes in die noch frische  (Extraktions) Wunde (Alveole). Implantatformen, deren unteres Ende verjüngt ist (konische Schraubenimplantate) kommen der natürlichen Wurzelform am nächsten und scheinen insbesondere bei Sofortimplantationen sinnvoll, um die vorhandenen knöchernen Strukturen zu schonen. Die zylinderförmigen, parallelwandigen Implantate gewährleisten eine bessere Primärstabilisierung, weil im Bereich der Spitze des leeren Zahnfachs eine höhere Friktion erreicht wird. Kontrovers wird diskutiert, ob eine Einheilphase vonnöten ist. Für eine sofortige Belastung muss eine ausreichende Knochendichte vorhanden sein. Operationstechnisch sind konische, wurzelförmige Implantate mit dem Nachteil behaftet, dass die Einsetztiefe durch die Form des Implantats nicht variabel ist und somit den gegebenen anatomischen Verhältnissen nicht immer ausreichend angepasst werden kann. Durch die zunehmende Zahl verschiedener Durchmesser und Längen der Implantate lässt sich auch bei konischen Implantaten eine befriedigende primäre Stabilität erreichen. Hinsichtlich der Primärstabilität sollen Implantate bei einer Sofortimplantation anguliert eingesetzt werden, um eine optimale Positionierung zu erhalten. Damit kann ein Knochenaufbau teilweise umgangen werden. Voraussetzung ist eine gute gesundheitliche Verfassung. Die Wurzeln von natürlichen Zähne befinden sich am Außenradius des Kieferknochens. Im Alter erfolgt ein Abbau des Kiefers von außen nach innen, deshalb sollte die Einbringrichtung des Implantates durch ein individuelles Vorbereiten des Implantatbettes hin zum Innenradius des Kiefers erfolgen.

Verweildauer

Die Verweildauer, also die „Haltbarkeit“ der Implantate im Kiefer, ist abhängig vom Erhalt des umgebenden Knochens. Die Verbindung zwischen Implantat und Knochen ist nahezu ausschließlich durch bakterielle Einflüsse zerstörbar (Auflösung der Knochenmatrix durch Matrix-Metalloproteasen, MMPs). Genetische Gesichtspunkte der evolutionsbiologisch verhältnismäßig jungen Ernährung mit Getreideprodukten erklären die erhöhte Infektionsneigung des Zahnfleisches (Gingiva) und des Zahnhalteapparates bei schwerpunktorientierter Broternährung in Deutschland. Daher kommt der Infektionsverhütung vor, während und nach dem Einbringen des Zahnimplantates eine entscheidende Rolle zu. Mit abnehmender Empfindlichkeit gegenüber bakteriellen Einflüssen bei gleichzeitiger Zunahme des intensiven Implantat-Knochenkontaktes (BIC: bone to implant contact) unter funktionell-physiologischer Kaubelastung sinkt das Risiko des Implantatverlustes, weil die mechanische Belastung zeit- und intensitätsabhängig zu einer röntgenologisch nachweisbaren gesteigerten Mineralisierung des umgebenden Knochens führt. Dies bedeutet, dass in der Anfangszeit nach der Operation sehr viel größere Aufmerksamkeit auf Zahnreinigung und Mundhygiene verwendet werden muss als beispielsweise nach ca. 2 Jahren ereignisloser Tragezeit. Die Verweildauer ist außerdem abhängig von der Größe der implantatgeometrisch bedingten Oberfläche, von der mikromorphologischen Gestaltung und von der äußeren Form. Die Erfolgssicherheit zylindrisch orientierter Implantate liegt nach internationalen Statistiken im 5-Jahresintervall bei 85–90 %. Sie ist im Wesentlichen vom Eintreten einer Infektion abhängig. Durch geeignete Maßnahmen, die sich der konsequenten Infektionsprophylaxe unmittelbar postoperativ durch stationäre Nachsorge zuwenden, ist es daher möglich, die Erfolgsquote im 10-Jahresintervall auf nahezu 100 % zu steigern. Dies gilt nur für Nichtraucher. Es sind Liegezeiten von mehr als 40 Jahren bekannt. Mit diesen Zahlen gehört die zahnärztliche Implantologie zu den erfolgreichen medizinischen Eingriffen. Die Erfolgsquoten im Bereich der orthopädischen Implantate liegen mit 75 bis 85 % deutlich darunter. Die Gründe liegen in der erhöhten Elektivität zahnärztlicher Implantate. Auch den endogenen Infektionsfaktoren widmet sich die zahnärztliche Implantologie intensiver. Bei orthopädischen Implantaten ließe sich zudem durch verschiedene Änderungen der mikro- und makromorphologischen Aspekte die Erfolgsquote steigern.
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